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Each of the 5 CDs is 5 seconds long and is played in via 5 CD players of the same
type and appropriate loudspeakers (membranes).
As a result of the varying CD player access times to the CD running in
repeat mode, you can hear constantly changing drum licks through the analog surfaces - loudspeakers.
Due to the precise faultiness ot the machines, this process evolves into a
cmposition, irregularities inherent in the system, where the "invantor" evades
so-called composition.
ADA - Analog Drumming was first performed at my Personale in the
Ferdinandeum Provincial Museum in Innsbruck on 21 February 1995 and
could be heard for the duration ot the exhibition until 19 March 1995.
Josef Klammer - Graz, 1995
Note: Ada Countess of Lovelace
(1815-1852). Illegitimate daughter of the English poet Lord Byron and
colleague of Charles Babbage. Became famous for her description of his
Calculating Machina, making her the world's first programmer. A
programming language is called ADA in honour of her.
ADA - Analog Drumming
Josef Klammer 1995
Analog Digital Analog
Der analoge Schlag auf die Trommel
Das digitale Bad, die Verarbeitung und Determinierung auf CD
Die analoge Reflexion über Lautsprecher
Schlagzeug mit 15", 12", 15", 18" und 24" Lautsprechern,
5 CD - Playern und 5 Endstufen.
CD 1: Track 1: "Ein Schlag auf die Snare Drum",
Time: 00:05
CD 2: Track 1: "Ein Schlag auf das Linke Tom-Tom",
Time: 00:05
CD 3: Track 1: "Ein Schlag auf das Rechte Tom-Tom",
Time: 00:05
CD 4: Track 1: "Ein Schlag auf das Stand Tom-Tom",
Time: 00:05
CD 5: Track 1: "Ein Schlag auf die Bass Drum",
Time: 00:05
Jede der 5 CD´s hat eine Länge von 5 Sekunden und wird über 5
CD-Player gleichen Typs, den entsprechenden Lautsprechern (Membranen)
zugespielt.
Durch die unterschiedlichen Zugriffszeiten der CD-Player, auf die im
Repeat-Mode laufenden CD´s, sind über die analogen
Flächen - den Lautsprechern - sich dauernd verändernde
Schlagzeugfiguren/Drum-Liks zu hören.
Durch die präziese Fehlerhaftigkeit der Maschinen wird dieser
Ablauf zur Komposition, zu systemimmanenten
Unregelmäßigkeiten, wo sich der "Erfinder" dem sogenannten
Komponieren völlig entzieht.
ADA - Analog Drumming wurde am 21. Februar 1995, anläßlich
meiner Personale im Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck
uraufgeführt, und war über die Dauer der Austellung bis zum
19. März 1995 zu hören.
Josef Klammer - Graz, 1995
Anmerkung: Ada Gräfin Lovelance
(1815-1852). Uneheliche Tochter des englischen Dichters Lord Byron und
Mitarbeiterin von Charles Babbage. Berühmt wurde sie durch die
Beschreibung seiner Analytischen Maschine, wodurch sie zur ersten
Programmiererin der Welt wurde. Ihr zu Ehren heißt eine
Programmiersprache ADA.
Von A nach D und zurück.
Mediale Verwicklungen in Projekten von Josef Klammer
Alle Medien sind mit ihrem Vermögen, Erfahrung in neue Formen zu übertragen,
wirksame Metaphern." (Fußnote
1: Marshall McLuhan, Die
magischen Kanäle. Understanding Media, Dresden-Basel 1994, S. 97.) Metaphern
sind bekanntermaßen sprachliche Ausdrücke, bei
denen ein Wort bzw. eine Wortgruppe aus seinem eigentlichen
Bedeutungsfeld in ein anderes übertragen wird, ohne daß
ein direkter Vergleich zwischen Signifikant und Signifikat vorliegt
bzw. möglich wäre. Die Metapher führt demnach eine
Trennung zwischen den Dingen, ihren Bezeichnungen und ihren
Bedeutungen ein, ein Spiel der Signifikanten entsteht.
Medien-Metaphern operieren entsprechend: sie überführen die
Gegenstände ihres Transfers - die Wahrnehmung, den Blick, das
Gehör - aus dem Feld des Subjekts in jenes der technischen
Apparate, an die das Subjekt zwar gekoppelt bleibt, die aber ihr
eigenes Spiel bzw. Programm mit den Signifikanten betreiben:
Sichtbarkeit, Abbildung, Darstellung, Repräsentation, Präsenz,
Erinnerung etc. sind jetzt innerhalb des Medienverbundes von Subjekt
und Apparat zu formulieren - wir sehen nicht nur aufgrund der
Sehstärke unserer Augen, sondern aufgrund der
Auflösungscharakteristika (elektronischer) Abtastungen, wir
hören nicht nur aufgrund der Empfindlichkeiten unserer Ohren,
sondern aufgrund der (elektronischen) Verstärkung von
akustischen Signalen, und: wir agieren nicht mehr nur aufgrund der
Handhabung von Objekten in unserer unmittelbaren Umwelt, sondern
aufgrund von teletechnischen Systemen der Fernübertragung von
Wort, Bild und Aktion.
Der Begriff der Mediatisierung beschreibt dieses Verhältnis des
Subjekts zu seiner Umwelt: der unmittelbare Zugang auf etwas wie
Wirklichkeit wird zunehmend von über technische Apparaturen -
"Armaturen der Sinne" (Fußnote
2: So
ein Buchtitel: Jochen Hörisch, Michael Wetzel (Hg.), Armaturen der Sinne,
München 1991.) - vermittelte Operationen und
Manipulationen abgelöst. Medien
sind insofern Distanzmaschinen, eröffnen aber eine eminente
Operationalisierung von Erscheinungen der Wirklichkeit, indem sie
diese in (analoge bzw. binäre) Datenformen transformieren. Diese
Datenformen sind zugleich die Grundlage neuer Formen (mediatisierter)
Erfahrung: mediale "Metaphern" einer neuen Form der
Beschreibung der Welt.
Medien operieren somit analog zu Metaphern, indem sie zunächst eine
Trennung von Kontexten einführen: der Trennung der Sprache von
der Kommunikation, der Trennung von Ereignis und seiner Rezeption,
der grundlegenden Trennung von Objekten und ihren Informationen. Das,
was an "Tatsachen" der Dinge (bereits medientechnisch)
gewonnen werden kann, überschreitet nicht nur den
physiologischen Horizont des Subjekts, es hat sich auch gegenüber
dem Ding vollständig verselbständigt und ist als Datenform
manipulierbar geworden - ohne dabei noch das Ding bzw. das Ereingis
zu benötigen. "Ereignisse geschehen, weil Medien sie
aufzeichnen und ausstrahlen." (Fußnote
3: Norbert Bolz, Am Ende der Gutenberg-Galaxis, S. 135.) Signifikanten
ohne direkten Vergleich zu einem Signifikat bilden somit die Grundlage auch
der medientechnischen Operationen: Medienmaschinen sind symbolische Maschinen. "Wo
Gegenstand war, ist Information geworden." (Fußnote
4: Agentur Bilwet, Medien-Archiv,
Düsseldorf 1993, S. 24.) Es ist nicht mehr das Subjekt
allein, das sich aufgrund seiner physiologischen Strukturen ein "Relief" seiner Umwelt
entwirft, es sind die von Medienmaschinen produzierten
Informationsketten und Datenstrukturen, die - auf die Physiologie des
Subjekts zurückgerechnet, d. h. seiner Rezeption zugänglich
gemacht - ein solches Relief synthetisieren. "Authentisches"
Sendematerial (in Bild und/oder Ton) erspart die Welterfahrung -
Umwelt ist zu beschreiben als Koexistenz von Medien und Sinnen.
Dieser Weg von A(nalog) nach D(igital) und zurück (zu den analog
operierenden Sinnen des Subjekts) kennzeichnet nicht nur den
Operationsmodus der Medien sondern aufgrund der zunehmenden
Fundierung der gegenwärtigen Kultur auf diese Medien bereits
einen Großteil unseres Verhältnisses zur Welt. Das Reale
wird zunehmend zu einem Sekundärphänomen der Medien. "Die
technisch reproduzierbaren Bilder gehen der Welt voraus, die sie
abzubilden scheinen. Wenn aber die Bilder das Ereignis besetzen und
vorprägen, entfällt das wesentliche Charakteristikum des
Bildes - nämlich abbildend zu stehen für etwas
Abwesendes." (Fußnote
5: Norbert Bolz, a. a. O., S. 140.) Und
weil es hier um allgemeine Mechanismen der Medien geht, läßt
sich diese Aussage entsprechend für auditive Komplexe
extrapolieren: auch akustische Information dient nicht mehr der
"Abbildung" eines Ereignisses, d. h. sie steht nicht mehr
in kausaler Verbindung mit einem Geschehen: "Töne und
Geräusche werden nicht anders behandelt wie jedes andere
künstlerische Material". (Fußnote
6: Heidi
Grundmann, "Radiokunst", in: Kunstforum International,
Nr. 103/1989 ("Im Netz der Systeme"), S. 279-289, S. 280.) Und,
wie hinzugefügt werden muß: wie jedes andere
Material, das sich aus der Realität gewinnen, (medial) von ihm
abspalten läßt.
Der primären Trennung von Wirklichkeit und seiner Verarbeitung durch
das Subjekt - eine Entkoppelung des Subjekts von seiner
Sinneswahrnehmung durch die Distanzmaschine Medien - folgt jedoch
eine sekundäre (aber gewichtigere) Synthetisierung, die die
Wirksamkeit der Medien-Metaphern erst fundiert. Der Ort, "wo
sich alles berühren kann" (Fußnote
7: Michel Foucault, Archäologie
des Wissens, Frankfurt 1973, S. 63.) ,
an dem sich die Zusammenhänge herstellen und sich Kontexte
aufeinander bzw. gegeneinander projizieren lassen, mithin ein
Verständnis des Reliefs Wirklichkeit hergestellt wird, ist
ebenfalls nicht mehr nur jener "einzelne innere Raum", "in
dem körperliche und perzeptuelle Empfindungen (...),
mathematische Wahrheiten, moralische Regeln, die Idee Gottes,
depressive Stimmungen und die übrigen, heute mental genannten
Vorgänge" (Fußnote
8: Richard Rorty, Der Spiegel der Natur. Eine Kritik der Philosophie, Frankfurt 1981, S. 64.) angesiedelt
sind, d. h. das, was wir als Bewußtsein bzw. als
Gefühlswelt des Subjekts zu bezeichnen und erfahren gewohnt
sind. Der "Ort", an dem große Teile dieses
Wirklichkeitsrelief entstehen, liegt vielmehr "innerhalb"
der Medienmaschinen selbst - Wirklichkeit wird dabei zu einem Problem
intramedialer Prozesse, zu einem Problem medialer Immanenz bzw.
Emergenz. Bilder und Töne von Ereignissen werden bereits
medienimmanent zu Repräsentationen von Ereignissen für das
Subjekt montiert - unter dem Anschein direkten Zugriffs auf ihren
Verlauf, ihre Bedingungen und wichtiger: ihre Bedeutungen; Musik
diffunidert von einer hochspezialisierten Fähigkeit des
(Musiker-)Subjekts zu einem Output von Audiomedienverbundsystemen
(Sampling). Medienimmanente Information "wird zum einzigen
'Relief' der Wirklichkeit, zu ihrem einzigen 'Inhalt'. Im Zeitalter
der Digitalisierung der Bilder und Töne muß man sogar
sagen ihre 'Hochauflösung'." (Fußnote
9: Paul Virilio, Die
Eroberung des Körpers, München-Wien 1994, S. 143.) Nachdem
Medien zunächst singulär und punktuell Transfers
von (beliebigen) Elementen dieses Wirklichkeitsreliefs in andere
Kontexte nach dem Muster der Film-Montage vorangetrieben haben
(Telegraf, Telefon, Radio, Video, Film usw.), etablieren sie heute
über Satellitenverbunde und ISDN-Systeme bzw. entsprechende
Standards längst ein zusammenhängendes mediales
Austauschsystem vor bzw. hinter den
wirklichen Ereignissen: ein (jetzt digitales) Relief der Welt, auf dessen
Null-Meridian alle Datenkomplexe rückrechenbar sind, gegen den
hin sie konvertierbar geworden sind. Die Pluralität der Kontexte
- Sehen, Hören, Tasten etc. - ist jetzt teilweise bereits
Fiktion, weswegen an dieser Stelle die Metapher der Metapher
aufgegeben werden muß - es sind nicht die Videokameras, die
sehen, es ist das Subjekt, das aufgrund der Videokamera sieht, was
die Videokamera sieht, und nichts weiter. Alle Kontexte jenseits
jener durch die Medien (re-) konstruierten sind am verschwinden. Die
Trennung von Ereignis und ihrer Wirkung ist somit nur mehr eine
sekundäre Hypothese: die Medien haben ihren "Gewaltstreich"
bereits vollführt, der in der Entwertung des konkreten
Charakters eines Ereignisses zum Vorteil seiner Vermittlung besteht. (Fußnote
10: Paul Virilio, Die
Eroberung des Körpers, S. 142.)
Indem Medien als eine Technik, eine Fertigkeit bezeichnet werden müssen,
das Profil gegenwärtiger Realität zu entwerfen und
wesentlich zu bestimmen, setzen sich Medientechniken als
Kulturtechniken in Szene. Sich medialer Mechanismen und Verfahren zu
bedienen heißt dementsprechend nicht primär, eine
Expansion der Kunst zu verfolgen, sondern sich auf die Spuren
kultureller Praktiken zu begeben bzw. auf die Spuren jener Effekte,
die die Medien auf kulturelle Praktiken - darunter so etwas wie Kunst
- ausüben. Bei dieser medientechnischen Exploration entstehen
durchaus hybride Systeme und Anordnungen auf verschiedensten
technischen Ebenen, Systeme, die sich nicht ohne weiteres als Kunst
bezeichnen lassen, faßt man sie in Kategorien der Ästhetik
bzw. des Materials (obwohl gerade in Fragen des Materials seit Beginn
des Jahrhunderts zahllose expansive Strategien entwickelt worden
sind). Es geht bei vielen dieser Explorationen aber grundsätzlich
nicht primär um Fragen der (akustischen) Ästhetik, sondern
um prozessuale Aspekte, d. h. um Anordnungen, die Material des Realen
in einer bestimmten Art und Weise verarbeiten (bzw. simulieren) und
um Effekte dieser Verarbeitung (und Simulation).
Gerade auch die Projekte von Josef Klammer sind als Systeme der Verschaltung
und Produktion von Bedeutungsräumen zu lesen, die auf medialer
Basis errichtet werden. Wenn dabei darauf insistiert wird, im Rahmen
von Kunst bzw. Musik zu operieren, geht es vor allem darum, diese
Praktik nicht als spekulative Technikinterpretation mißzudeuten
und sie im Feld der Technik selbst anzusiedeln: gerade die erzeugten
Bedeutungsräume sind es, die sich einer Adaption an
konventionelle Medientechniken entziehen, die im Gegensatz zu den
Konzepten, die hier interessieren, dadurch gekennzeichnet sind,
einerseits die Technik zu perfektionieren und andererseits - eine
Konsequenz dieser vermeintlichen Perfektion - die Medien selbst zum
verschwinden zu bringen: hochauflösende Bildschirme verbergen
weitgehend die Tatsache medialer Übertragung,
High-End-Audiosysteme versuchen, alle Störeinflüsse zu
beseitigen und nichts als den "reinen Klang" auszustrahlen,
d. h. die Tatsache seiner Bearbeitung, Zwischenspeicherung etc. im
perfekten Hörerlebnis zu eliminieren. Künstlerische
Strategien der Besetzung von Medientechniken und -systemen
distanzieren sich von dieser Auslöschung: die Systeme, ihre
Verarbeitungsmodi und Präsentationsformen bleiben Teil der
Arbeit - es geht immer auch um eine Form der Transparenz. "Es
geht um das Sichtbarmachen einer medialen Landschaft, die uns zu
einer Art zweiten Natur und so selbstverständlich geworden ist,
daß wir sie nicht mehr wahrnehmen." (Fußnote
11: Heidi
Grundmann, "On the Air", in: Eikon, Medien.Kunst.Passagen (Hg.), Reflexionen. Zu Kunst und Medien, Wien: Passagen 1993, S. 111-120, S. 118.)
Eine solche "transparente" Anordnung stellt auch die Arbeit "ADA
- Analog Drumming" von Josef Klammer dar. Jeweils ein Schlag
auf eine Trommel eines Schlagzeug-Sets wird auf jeweils einer Compact
Disc aufgenommen und über eine entsprechende Anzahl von
Abspielgeräten (automatisiert) und Aktiv-Lautsprecher in den
gleichen Größen wie die Trommeln wiedergegeben. Diese fünf
Lautsprecher - die das ursprüngliche Musikinstrument
"simulieren" - sind - in einer neuerlichen "Simulation"
der Ausgangssituation - auf einer Bühne angeordnet. Hi-Hat und
Becken werden dabei wie üblich zum "Set" montiert. Der
"musikalische" Output entsteht durch die unterschiedlichen
Zugriffszeiten der Abspielgeräte auf den jeweiligen Track mit
der Klanginformation. Der Schlagzeuger und sein Instrument, die
Situation der Live-Performance auf der Bühne, ist durch eine
selbsttätig ablaufende mediale Anordnung ersetzt: eine
Musikmaschine gewissermaßen. Klangproduktion und
Klanginformation verweisen strukturell aufeinander. "ADA -
Analog Drumming" hat kein Thema, sondern repräsentiert eine
strukturelle Anordnung zur Produktion akustischer Ereignisse. Die
Lautsprecher als metaphorische Repräsentanten eines realen
Schlagzeugs zeigen diese Zusammenführung von Struktur und
Prozeß: sie spielen selbst Schlagzeug. Das Schlagzeug ist hier
nur noch als theoretischer Gegenstand präsent, nur mehr
akustisch, nicht aber real - und das heißt: als Objekt -
anwesend. Die "Ausstellungssituation" bzw. die Tatsache,
daß eine Situation der Performance in eine solche übersetzt
wurde, spiegelt konsequent die Befindlichkeit des musikalischen
Feldes unter Medienbedingungen, indem sie diese vor Augen führt.
Es geht hier also nicht nur um die Erzeugung von Musik, von
klanglichen Strukturen und Sequenzen, sondern um deren Zirkulieren,
deren Einfassung durch mediale Systeme. Musik ist nur ein Element in
diesen Systemen. Im Mittelpunkt stehen die Strukturen, die Prozesse
und die Möglichkeiten ihrer Steuerung und damit ihrer
Auslagerung aus dem Bereich eines analogen Zugriffs des Subjekts.
Auch die - von Josef Klammer auf seinem Schlagzeug - eingespielten
Trommelschläge sind selbst als Musik weitestgehend reduziert,
aus dem Feld von Virtuosität und Musikalität
herausgenommen. Es sind letztlich nur die (digitalen) Geräte,
die etwas wie Musik produzieren, hinter bzw. durch die sich kein
Autor mehr artikuliert. Der spezifische Bedeutungsraum dieser Arbeit
besteht also zunächst im Spiegeln dieser Medienbedingungen - die
Abwesenheit des Künstlers, die leere Bühne kennzeichnet
dabei den zunehmenden Ausschluß des Subjekts aus diesem Regel-
und Programmkreisen: Medien behaupten ihre Struktur unabhängig
vom Subjekt.
Josef Klammer entwickelt seit 1983 Projekte, die in diesem Feld einer an
Mediensystemen orientierten Musikproduktion angesiedelt sind.
Exemplarisch dafür kann das gemeinsam mit Seppo Gründler
entwickelte und realisierte Projekt "Razionalnik" aus
dem Jahr 1987 angeführt werden. "Razionalnik"
das slowenische Wort für Computer und quasi programmatisch die
Intention der Überführung des Musikalischen in den Bereich
von Medienmaschinen anzeigend – war Teil des Projekts
"entgrenzte grenzen" von Richard Kriesche und ein
Live-Event, der Budapest, Laibach, Trient und Graz über
Telefonleitungen verband, die zugleich das Datennetz für dieses
erste On-Line-MIDI-Konzert weltweit darstellten, als das
»Razionalnik« gelten darf. Akustikkoppler, Sampler
(digitale Naturklangspeicher), Synthesizer, Personalcomputer und das
Telefonnetz bildeten das medientechnische System, das zugleich die
Musik generierte und die Verbindung der verstreuten Musiker
herstellte. Die verwendeten Instrumente erzeugten dementsprechend
keine Klänge, sondern MIDI-Daten, die entweder von Soundmodulen
in Klänge umgewandelt oder von Computern in Verbindung mit
Akustikkopplern in über das Telefon verschickbare MIDI-Daten
verarbeitet wurden, die am anderen Ende der Leitung wieder zu Klängen
rückverwandelt wurden (von A nach D und zurück). Aufgrund
der Datendelays (Übertragungszeiten) war an keinem der Orte das
Gleiche zu hören, auch wurden in Graz die Midi-Daten nach
gewissen Algorhitmen verändert, sodaß sie nicht nur als
Klanginformation, sondern auch in der Strukturierung des Konzerts
eine wichtige Rolle spielten. Die bei jedem Musiker ankommenden
Midi-Daten wurden schließlich von einem Sequenzer aufgenommen,
nach dem Konzert über die Akustikkoppler nach Graz geschickt,
dort mit den gleichen Sounds wie an den Außenstellen in analoge
Musiksignale umgewandelt und auf Band aufgenommen. Die vier
resultierenden Bänder waren während der Ausstellung zu
hören.
Die Übertragung der Mediensysteme beginnt also gerade dort, wo alle
Sende- und Empfangsmöglichkeiten des Subjekts aufgehört
haben. "So verläuft eine Trennlinie, die selber unhörbar
ist, zwischen dem Gehörten und dem Gesendeten." (Fußnote
12: Friedrich
Kittler, "Anmerkungen zum Volksempfang", in: Museum moderner Kunst Stiftung
Ludwig Wien (Hg.), Interferenzen IV: Die Geometrie des Schweigens, Wien 1991, o. S.) Das
Projekt realisiert eine geradezu exemplarische Situation, in der das Subjekt
vom Maschinenspiel der Medien radikal dezentriert wird.
"Die Trennung der Botschaft vom Körper des Boten ist nicht
nur ein kulturgeschichtlicher Fluchtpunkt von mehr als zwei
Jahrtausenden telekommunikativer Entwicklung. Sie ist zugleich
Metapher für die politische Ökonomie des historischen
Prozesses hin zur Entmaterialisierung des Austauschs bzw. des
Verkehrs des Menschen untereinander (mit dem Warenverkehr als ideelem
Gesamtverkehr). Sie ist Sinnbild der zunehmenden Eliminierung der
sinnlich-körperlichen (Selbst-)Erfahrung unserer alltäglichen
Lebensbeziehungen (...)." (Fußnote
13: Siegfried
Zielinski, "Von Nachrichtenkörpern und Körpernachrichten. Ein
eiliger Beutezug durch zwei Jahrtausende Mediengeschichte", in: Edith
Decker, Peter Weibel (Hg.), Vom Verschwinden der Ferne. Telekommunikation und Kunst,
Dumont: Köln 1990, S. 229-252, S. 229.) Kommunikation,
ein aktueller Austausch von diversen Äußerungsformen
des Subjekts, ist hier kein Ereignis mehr, das Menschen
zusammenführt, sondern ein Prozeß, den sie medientechnisch
miteinander vollziehen. "So verweist jede Gegenwart technischer
Konfiguration auf eine apresente techné, die uneinholbar und
vorgängig bleibt, so daß von ihr aus erst das
problematische Feld differentieller Technikverhältnisse
spurengesichert werden kann." (Fußnote
14: Georg
Christoph Tholen, "Platzverweis. Unmögliche Zwischenspiele von Mensch und Maschine",
in: Norbert Bolz (Hg.), Computer als Medium,
Fink: München 1993, S. 111-135, S. 129.) In gewissem
Sinn stellt auch hier die "Anordnung" der
Situation selbst zumindest einen wichtigen Teil der Arbeit dar. Es
entstehen hier keine "Reservate", keine wie immer
definierten "Cubes" künstlerischer Medienarbeit,
sondern spezielle Anwendungen, Besetzungen, und Konfigurationen.
Dadurch sind derartige Projekte allerdings auch nicht mehr in der
Lage, ihr vorläufiges "Terrain", das sie sich
erschließen, ohne weiteres als eines der Kunst zu definieren.
Insofern geraten sie (mit Absicht) in einen Bereich, indem ihre
"Kompatibilität" mit bekannten kulturellen Mustern und
Werten in bezug auf den Begriff "Kunst" in Frage gestellt
ist.
Einen anderen Aspekt führt die 1992 realisierte Arbeit "Sampler"
ein. Von einem Mikrophon werden beliebige akustische Sequenzen
(begrenzter Längen) der Besucher aufgenommen und über einen
Wandler in den Arbeitsspeicher einer Nähmaschine gelesen. Diese
Eingaben bestimmten in weiterer Folge den Lauf von Stofftransport und
Nähfluß. Das so entstandene Stickmuster entspricht einem
Amplituden-Zeit-Diagramm der digitalen Klangaufzeichnung. Die Amplitude
definiert die Auslenkung der Nadel, die Frequenz die Abstände der
Stiche. (Fußnote
15: Vgl. Katalog Sampler,
Werkstadt Graz: Graz 1992, o. S. Die Hardware stammt von Gerfried Stocker,
die Software von Horst Hörtner.) Dem Katalog zu diesem
Projekt ist eine Mini-Compact Disk beigelegt, auf der "Musik" zu hören ist, der die Umkehr dieses
Verfahrens zugrundeliegt: die eingespeicherten Stich- und
Stickmusterdaten der Nähmaschine wurden in den Computer
übertragen und in entsprechende Tonwerte umgewandelt. Die so
entstandenen Sequenzen steuerten über MIDI-Interface einen
Ensoniq-EPS-Sampler: das Ergebnis waren 188 Klaviersonaten.
Diese Arbeit zeigt vor allem die durch Prozesse digitaler Medien mögliche
Transgression von Kontexten, die eingangs skizzierte
Synthetisierungsleistung der Medien: am Beispiel der Musik wird hier
deutlich, wie nicht nur ihr Produktionsmodus, sondern auch ihre
Konzeption durch potentiell beliebige Kontexte bestimmt werden kann.
Musik wird dabei zu einem (auch möglichen) Effekt der
maschinellen Interpretation von Ereignishorizonten, ein Effekt der
Verarbeitung von Variablen, die jetzt aus prinzipiell beliebigen
Kontexten gewonnen werden können: Bewegungsabläufe,
sprachliche aber auch stochastische akustische Sequenzen,
Bildverläufe etc. In Musik ist transformierbar, was an
Information dieser Vorgänge ausgewertet und dem digitalen System
implementierbar ist. Musik ist nicht mehr nur ein Produkt
musikalischer Ordnungen und Konzepte, d. h. ein ausdifferenzierter,
selbststeuernder Kontext, sondern ein offenes und zugängliches
System. Diese Konvertierbarkeit, die das gegenwärtige digitale
Relief der Welt einführt, wird durch Josef Klammer in einem
Statement zur Arbeit "ADA" als "digitales Bad"
bezeichnet: immer mehr Phänomene des Realen werden diesem
digitalen Bad zugeführt, tauchen quasi in das technologische
Jenseits komplexer Mediensysteme, um als etwas anderes daraus wieder
aufzutauchen, auch wenn diese Andersheit den Sinnen nicht unmittelbar
zugänglich ist, d. h. nicht hör- oder sichtbar wird. Jetzt
handelt es sich um mediale Erfassungen und Rekonstruktionen der
"ursprünglichen" Phänomene, bereits um Effekte
der Medien selbst. Was immer wieder als Verschwinden des Realen
beschrieben wird, ist nichts anderes als die Welt nach ihrem
digitalen Bad. Die Projekte von Josef Klammer richten sich auf solche
Erscheinungsweisen der medialen Neuformulierung und -ordnung der
Wirklichkeit, ihrer voranschreitenden Fusion mit technologischen
Effekten, medialen Symptomen.
1993 realisierte Josef Klammer im Rahmen von "entgrenzte grenzen II"
"TELAY" (TELefon DeLAY), ein Telefonkonzert
mit Sidney und New York, daß auf Formen der Datenübertragung
zurückgreift. Er spielte live im Grazer Künstlerhaus ein
Schlagzeugsolo ("Trommelstück"), das aufgenommen und
dessen MIDI-Daten auf jedem der beiden Kanäle über
unterschiedliche Telefonleitungen, Satelliten und Bodenstationen
wieder nach Graz übertragen und live eingespielt wurden. Die
Delay Time, d. h. die entstehende Zeitverzögerung der
Datenübertragung, etwas weniger als eine halbe Sekunde, war als
(scheinbares) Echo des vor Ort gespielten Solos zu hören: der
Musiker und sein mediensystemisches Echo. "Solche Reproduktionen
(im Sinne von Nachbildung / Fortpflanzung) weisen je nach Wetterlage,
Wegstrecken und Frequentierung der Telefonleitungen verschiedene
Qualitäten auf und entziehen somit dem Musiker die unmittelbare
Kontrolle von Delaytime und Delayfeedback. Unvorhersehbare Faktoren
und Parameter definieren Rhythmus und Timbre." (Fußnote
16: Josef Klammer, in: Teleskulptur III, Graz 1993, S. 73.) Die übertragenen und somit an Mediensysteme "übergebene"
bzw. entäußerte Signale des "Trommelstücks"
werden zu einem unmittelbaren Teil seiner Aufführung, die
Systemparameter werden zu Parametern der Aufführung der Musik,
der Musiker befindet sich im Austausch mit den Medien: die dabei
entstehende musikalische Aktion ist Folge einer Koexistenz von Medium
und Subjekt. Es geht neuerlich um die Verwicklung auch des
künstlerischen Subjekts in medienimmanente Systeme und ihren
Erscheinungen, in die Immanenz der Medien: um die Fusion des Realen
mit dem technologischen und medialen Imaginären.
Daneben wird an "TELAY" neuerlich die Prozeßorientiertheit
der Arbeitsweise von Josef Klammer ablesbar: neben dem als Compact
Disk erhältlichen Endprodukt geht es wesentlich und den
Produktionsprozeß selbst, um diejenigen Faktoren, die ihn
bestimmen, und schließlich um die strukturelle Verkoppelung
verschiedenster Kontexte auf der Basis medientechnischer
Einrichtungen und Standards. Projekte wie "Razionalnik" und
"TELAY" lassen sich auch als Versuch deuten, künstlerische
Strategien in Form musikalischer Datenketten in das digitale Relief
der Gegenwart zu schleusen, d. h. ein Feld (vorübergehend) zu
besetzen und zu annektieren, das aus ganz anderen Gesichtspunkten
heraus konzipiert wurde und seine Effizienzen entwickelt hat:
letztendlich sind alle Kommunikationsnetze militärischen
Ursprungs.
Die speziell für die Ausstellung im Tiroler Landesmuseum
Ferdinandeum konzipierte Arbeit "ADA" referiert auf diese
bereits etablierte und zu einem kulturellen Paradigma expandierte
Erfassung bzw. Einfassung der Welt durch technische Systeme, das
Verschwinden der Relevanz von Objekten, der Informationalisierung der
Gesellschaft, und operiert in diesem "Raum" der
Mediensysteme, jenseits der Dinge, jenseits des Analogen: die Arbeit
führt quasi eine Schnittstelle ein, an der etwas von diesen
Systemen "erscheint", sich "abbildet" (wenn auch
als Abwesendes), über die "metaphorischen" Objekte
rezipierbar wird. "ADA" bezeichnet somit einen Kreislauf
von Operationen, die von einer Medien- zu einer Kulturtechnik
expandiert sind: vom Realen über die Medienmaschine ins Reale.
Diese Operation, von A nach D und zurück, bezeichnet somit die
fundamentale Mittelbarkeit, Vermittelheit, die den Verkehr des
Menschen mit der Welt über mediale Extensionen seiner selbst
kennzeichnet, der damit sein Reales auch in zunehmenden Maße zu
produzieren beginnt: ein Ageschlossen-Sein an sich selbst zeichnet
sich ab, das Josef Klammer durch die Arbeit "TELAY"
exemplarisch vor Augen geführt hat - ein Angeschlossensein, das
(noch) den Umweg von A nach D und zurück nimmt.
Reinhard Braun 1995
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